Deutschlands erste Weltmeisterinnen im Rallyeflug: In Ferrara, Italien, wurden vom 30.08. bis 05.09.2025 die 24. FAI World Rally Flying Championships ausgetragen. Neben vier weiteren Crews vertraten auch Dörthe Grubek und Alexandra Kirchner das deutsche Nationalteam. Mit Erfolg: Deutschlands erste reine Frauencrew bei einer Weltmeisterschaft im Rallyeflug wurde Weltmeister. Alexandra berichtet von dieser grandiosen Leistung.
Und hier kommt es doch auf die Endung an: Wir sind 2025 Weltmeisterinnen im Rallyeflug geworden. Weltmeister ist ein andere Crew geworden. Aber ich erkläre von vorn.

Dörthe und ich sind jeweils seit Jahren erfolgreich als Navigatorinnen in familiären Crews bei Weltmeisterschaften und nationalen Wettbewerben mitgeflogen. Überhaupt stellt das deutsche Nationalteam seit Jahren die meisten Crews mit Frauenanteil auf. Als dann vor zwei Jahren zur WM in Mâcon (Frankreich) zum ersten Mal zwei Frauen, die Französinnen Adèle Schramm und Marjorie Perrissin-Fabert, auf dem Siegertreppchen standen, haben wir scherzhaft (oder doch ernsthaft?) überlegt, die deutschen Crews nochmal neu zu mischen und auch eine reine Frauencrew zu bilden. Denn die französische Crew stand allein auf dem Podest: Sie hatten den Weltmeistertitel in der Kategorie Damen gewonnen, und in der landet man nur als reine Frauencrew. Wir gratulierten den Frauen und die Pilotin Adèle versicherte uns, sie würde sich durchaus freuen, wenn sie mehr Konkurrenz bekäme.


Zwei Jahre später sah alles so aus, als ob das deutsche Nationalteam weitestgehend unverändert zur WM in Ferrara antritt. Doch dann gab ein medizinischer Vorfall Anfang des Jahres einen Vorwand, die Überlegungen von Mâcon noch einmal aufzugreifen. Wir überlegten ernsthaft, ob ich mit Dörthe die erste deutsche (reine) Frauencrew im Rallyeflug bilden könnte. Weil ich „nur“ eine Lizenz zum Segelfliegen besitze, war die Rollenverteilung in der Crew von Anfang an gesetzt: Dörthe ist die Pilotin und ich die Navigatorin. Damit war auch klar, dass die Entscheidung zur Teilnahme als reine Frauencrew an der WM 2025 vor allem bei Dörthe liegt, die (fast) völlig neue Aufgaben im Cockpit übernehmen muss. Nach Papierkarte fliegen kann sie als erfahrene Pilotin zweifelsohne. Aber kann sie auch Zeitenfliegen, sprich die Wendepunkte sekundengenau anfliegen? Und kann ich sie als Navigatorin ausreichend unterstützen?
Nach ein paar Telefonaten untereinander und mit unserem Bundestrainer Henry Franzkowiak entschieden wir uns, am Navigationsflugtraining von Esther Rimensberger teilzunehmen und es einfach mal auszuprobieren, welches jedes Jahr in Mengen (EDTM) im April stattfindet. Das Wochenende verlief für uns erfolgreich und unser Trainer meldete uns voller Vorfreude zur WM an.


Fast vier Monate später sahen wir uns pünktlich und hoch motiviert zum Training in Ferrara wieder. Das Flugzeug, eine Cessna 150 von Leutkirch, teilten wir uns mit einer anderen Crew aus dem Nationalteam. Henry hatte jede Menge Trainingsstrecken für uns alle vorbereitet und auch von der Wettbewerbsleitung gab es für jeden Trainingstag eine vorgegebene Strecke, um das Wettbewerbsgebiet kennenzulernen. Nach der ersten Strecke war klar, dass es bei Dörthe und mir um viel mehr geht, als nur die Gegend abzufliegen. Um wirklich alle Aufgaben des Wettbewerbs zu meistern, mussten wir uns innerhalb der Trainingswoche im Cockpit komplett neu organisieren und auch an der Kommunikation untereinander feilen. Das Plotten der Strecke vor dem Abflug ging uns als erfahrene Navigatorinnen hingegen leicht von der Hand, nachdem wir die Wahl der Rechenutensilien und Tools bereits vor der Anreise optimiert hatten. Aufgrund des flachen Wettbewerbsgebiets fiel uns auch das Navigieren leicht. Nun kam es darauf an, dass Dörthe ein Gefühl für das Zeitenfliegen bekam und wir die gefundenen Streckenbilder entlang des Kurses an exakt jener Stelle auf die Karte eintragen, an welcher wir sie am Boden identifiziert haben. Sonst drohen unnötige Strafpunkte für inkorrektes Eintragen. Wie gesagt, hier ist Präzision schon in der Kommunikation gefragt. Nach intensiven ersten Trainingstagen blieb dann auch kurz Zeit für das Genießen der Landschaft. Besonders schön war die letzte Trainingsstrecke von unserem Trainer, die über die Strände mit bunten Sonnenschirmen (Lidos) ein Stück an der Adria entlang und über das offene Meer ging. Am Tag vor der Eröffnungsveranstaltung haben wir bzw. hauptsächlich Dörthe noch fleißig Präzisionslandungen geübt, bis der Bundestrainer mit uns zufrieden war. Schließlich endet auch ein Wertungsflug nicht einfach in der Luft, sondern in einem Ziellandefeld. Nachdem wir uns in der Trainingswoche immer weiter verbessern konnten, blickten wir sehr ehrgeizig der Wettbewerbswoche entgegen.


Zu Beginn des Wettbewerbs hatten wir zwei richtig gute Tage, an denen wir sogar als beste deutsche Crew die anderen erfahreneren deutschen Crews in der Gesamtwertung hinter uns ließen. Weil wir beim Konstruieren der Strecken so schnell waren, hatten wir genügend Zeit, uns Streckenbilder einzuprägen und die Wettbewerbskarte vorab zu studieren. An einem Tag sparten wir zahlreiche Strafpunkte ein, indem wir fast alle Streckenbilder fanden, und ebenso sparsam landete Dörthe kurz hinter dem Nullfeld. Auch die geringe Anzahl Strafpunkte für das Zeitenfliegen konnte sich für eine neue Wettbewerbspilotin wirklich sehen lassen. Durch viele unnütze Fehler sammelten wir dennoch einige Strafpunkte. Am letzten Tag wurden es dann leider viel zu viele, um noch vor den anderen deutschen Crews bleiben zu können. Die Zeit wird zeigen müssen, ob es schlichtweg Anfängerfehler waren.
In der Gesamtwertung sind die deutschen Crews nah beieinander gelandet; wir mittendrin auf Platz 25 von 42 teilnehmenden Crews. Zum dritten Mal seit 2018 wurden die Tschechen Petr Jonáš und Marek Velát Weltmeister. Unglaublich gefreut haben wir uns alle über den Landeweltmeistertitel von der Südafrikanerin Tarryn Myburgh (mit Navigator Iaan Myburgh), den sie mit mehreren Nullfeldlandungen gewann. Neben ihr auf dem zweiten Platz stand Adèle aus Frankreich, die dieses Mal mit einem männlichen Navigator nicht mehr in der Frauenkategorie antreten konnte. Und dann wurden wir aufgerufen: Weltmeister im Rally-Fliegen 2025 in der Kategorie Frauen. Wir bekamen unsere Goldmedaillen bzw. Urkunden und die deutsche Nationalhymne wurde gespielt. Es war ein wunderschöner Abschluss der zwei Wochen und ich fand es toll, dass wir eine Medaille mit nach Deutschland nehmen konnten.


Ähnlich wie die beiden Französinnen vor zwei Jahren hoffen wir mit unserem Auftritt auf dem Podest, wieder mehr Frauen zu inspirieren, reine Frauencrews in diesem spannenden Sport zu bilden. Liebe Pilotinnen und Navigatorinnen: Habt den Mut, an einem Wettbewerb im Navigationsflug teilzunehmen. Ihr habt das Zeug dazu und das fliegerische Umfeld begrüßt eure Teilnahme. Alles andere kann man gemeinsam lernen. Gerne helfen wir euch dabei. Bis bald auf dem Flugplatz mit Karte, Kompass und Stoppuhr!

Text: Alexandra Kirchner
Fotos: NAVGEEKS, FAI / George Henry, Slovak Flying Team

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